Geschichte

Geschichte des Gesangvereins „Harmonie“ 1845 e.V. Westhofen

Vorwort

Der Gesangverein „Harmonie“ ist der älteste und traditionsreichste Westhofener Verein. Er wurde Mitte des 19. Jahrhunderts gegründet, zu Zeiten, in denen eine Gründungswelle von Männergesangvereinen eingesetzt hatte. Dazu trugen mehrere Faktoren bei. Zunächst begeisterte sich die Romantik für den unbegleiteten Liedvortrag und das Volkslied. Man suchte systematisch nach alten Liedern und zeichnete sie auf. Gleichzeitig entstanden neue Formen der Geselligkeit, unter anderem die Vereine. Neben politischen Vereinigungen gehörten die Turnvereine und die Gesangvereine zu den verbreitetsten neuen Vereinsgründungen. Drei Männer haben sich in dieser Zeit um den Chorgesang besonders verdient gemacht: der Berliner Musikpädagoge Carl Zelter, der Schweizer Hans Georg Nägeli und der allen Sängern bekannte Friedrich Silcher.

von der Gründung bis zum Jahr 1930

Im Februar 1845 haben dreißig Westhofener Bürger beschlossen, einen Singverein zu gründen: die Geburtsstunde des Gesangvereins „Harmonie“ 1845 e.V. Westhofen. Der Gesangverein hat die Volkserhebung von 1848/49, den Bürgerkrieg von 1866, den deutsch-französischen Krieg 1870/71 und den ersten und zweiten Weltkrieg ungebrochen überdauert. Dass sich der Männergesangverein Harmonie großer Beliebtheit erfreute, zeigte sich schon bei der ersten Fahnenweihe 1847. Als Anerkennung für die erfolgreiche Tätigkeit auf dem kulturellen Sektor stiftete der damalige Präsident, Johannes Orb, die erste Fahne, bei deren Übergabe die gesamte Bürgerschaft Anteil nahm.

Die unruhigen Jahre 1848/49 brachten das Vereinsleben zum Erlahmen. Aus den Vereinsunterlagen geht hervor, dass die Vereine polizeilich überwacht wurden und Übungsstunden in Wirtshäusern verboten waren. Man vermutete in den Vereinen revolutionäre Gruppenbildungen, welche man auf alle Fälle verhindern wollte. Erst 1859 blühte das Vereinsleben wieder auf. Unter neuer Leitung wurde fleißig geübt und die Mitgliederzahlen stiegen wieder an. Unter diesem günstigen Stern konnte man 1870 das 25-jährige Stiftungsfest feiern.

Die große Sympathie, die der Singverein Harmonie bei der Westhofener Einwohnerschaft hervorrief, fand in der Spende einer zweiten Fahne ihren Ausdruck. Im Jahre 1895 konnte die „Harmonie“ auf 50 Jahre erfolgreicher Tätigkeit zurückblicken und unter großer Beteiligung der Bevölkerung und der benachbarten Orte, sowie unter Mitwirkung 32 auswärtiger Brudervereinigung das 50. Stiftungsfest in herrlicher Weise feiern. „Rein im Sange, treu im Wort, fest in Eintracht, immer fort!“ war das Motto dieses Jubiläums. Die Frauen und Jungfrauen von Westhofen stifteten aus Anlass des 50-jährigen Jubiläums eine seidene Fahne, die immer bei offiziellen Anlässen benutzt wurde. Die beiden ersten Fahnen sind leider verschollen.

Die Harmonie im Jahr 1895

Im Jahre 1897 trat die „Harmonie“ dem erstmals gegründeten Sängerbund des Kreises Worms bei. Zum 80jährigen Bestehen wurde der „Harmonie“ im Auftrag des hessischen Staatspräsidenten ein prächtiger Pokal überreicht. Anlässlich des 85jährigen Jubiläums im Jahre 1930 wurde der „Harmonie“ die Durchführung des Gauliedertages übertragen. Alle Feste und Feiern der örtlichen Vereine oder Gemeinde unterstützte und verschönerte der Chor durch das deutsche Lied. Die Veranstaltungen der „Harmonie“ insbesondere die jährlichen Theateraufführung waren eine der großen gesellschaftlichen Höhepunkte im örtliche Geschehen Westhofens.

von 1931 bis 1980

In den Wirren des zweiten Weltkrieges ruhte das Vereinsleben. Nach den Ereignissen des Jahres 1945 und gestützt auf die Gesetze der alliierten Militärregierung fühlte sich eine Handvoll getreuer Sangesbrüder berufen, den Verein wieder mit neuem Leben zu erfüllen. Ein entsprechender Antrag bei der ausländischen Kontrollstelle wurde positiv beschieden und am 5. Januar 1947 konnte unter Leitung des Ehrenpräsidenten Fritz Schönmehl die Gründungsversammlung im Lokal Georg Mohr stattfinden.

Die Harmonie im Jahr 1930

Seitdem wurde das Vereinsleben von Jahr zu Jahr reger. Bedauerlich war nur, dass in den Jahren mit Beginn des Wirtschaftswunders so wenig Jugendliche, sei es aus Bequemlichkeit oder Interesselosigkeit, am aktiven Chorleben teilnehmen. Sicherlich dürfte das vielfältige Freizeitangebot und auch das eigene Auto mit ursächlich gewesen sein.

Im Mai 1955 konnte der Verein sein 110jähriges Bestehen feiern. 23 Vereine aus der näheren und weiteren Umgebung nahmen am Fest teil und sorgten beim gutgelaunten Festkommers sowie beim Freundschaftssingen für ein abwechslungsreiches Programm. Ein weiterer Höhepunkt war ein Jahr später die Verleihung der Zelterplakette durch den Bundespräsidenten Dr. Theodor Heuß. Eine Auszeichnung, die der „Harmonie“ für die in langjährigem Wirken erworbenen Verdienste um die Pflege der Chormusik und des deutschen Volksliedes zuteil wurde.

Die Harmonie im Jahr 1955

Da die seidene Fahne aus dem Jahre 1895 in den letzten 70 Jahren stark strapaziert worden war, wurde im Jahre 1968 – auch mit Blick auf das bevorstehende 125jährige Jubiläum – eine neue Vereinsfahne angeschafft. Die wöchentlichen Chorproben fanden seinerzeit in den Räumen der Schule statt, bis später der 1. Vorsitzende Willi Schmitt seine Gaststätte kostenlos als neues Sängerdomizil anbot. Dort bereiteten sich 31 Sänger auf das 125jährige Vereinsjubiläum vor, welches im September 1970 gefeiert wurde. 25 Gesangvereine erwiesen dem Jubilar zum Jubiläumskonzert und zum Freundschaftssingen ihre Referenzen. Ein ökumenischer Gottesdienst, ein Festzug, ein Frühschoppenkonzert sowie ein bunter Abend im vollbesetzten Festzelt rundeten das Festprogramm der drei Jubiläumstage ab.

Die Harmonie im Jahr 1970

Danach ging die Zahl der Sänger zurück. Mit 16 Aktiven und dem jungen Chorleiter, Hermann Jehl, sollte es wieder aufwärts gehen. In regelmäßigen Abständen fanden im Ort breitangelegte Werbungen und am Tag des deutschen Liedes ein Straßensingen statt. Der Erfolg war beachtlich. In einem Jahr konnten 32 neue Mitglieder gewonnen werden. Als Heinz Arnold den Vorsitz im Jahre 1983 an Johann Stridde übergeben hatte, konnte er voll Stolz auf eine erfolgreiche Amtzeit zurückblicken. Die Mitgliederzahl war auf 330 angewachsen und der Chor zählte 34 aktive Sänger. 1978 wurde der Männerchor einheitlich eingekleidet. Ende 1979 verabschiedete man sich vom langjährigen Vereinslokal Willi Schmitt und zog in das neue Sängerheim in der Wormser Straße um. Die Bezirks-Winzergenossenschaft Westhofen hatte dem Gesangverein seine leerstehenden Räume zur Verfügung gestellt, welche von den Sängern in über 500 freiwilligen Arbeitsstunden zum neuen Sängerheim umgebaut wurden.

von 1981 bis heute

Im Mai 1981 der Frauenchor gegründet. Unter der Leitung von Hermann Jehl fand am 18.Mai 1981 mit 22 Sängerinnen die erste Singstunde statt. Ende 1982 musste Hermann Jehl wegen seinem Medizinstudium die Leitung des Männerchores abgeben. In Jürgen Wössner fand der Vorstand einen Nachfolger, der sowohl seinen Vorstellungen als auch den der Sänger entsprach. Bereits im Jahre 1977 stellte sich die „Harmonie“ unter der Leitung von Hermann Jehl erstmals bei einem Pokalwettbewerb mit Erfolg den Wertungsrichtern. Der 2. Klassenpreis wurde errungen. Ein toller Erfolg für den Chor und für den jungen und engagierten Dirigenten. Seit dieser Zeit nahm der Chor an über 40 Wertungssingen – seit 1983 unter der Leitung von Jürgen Wössner – mit ansteigendem Erfolg teil. Auch bei weiteren Prädikatssingen sowie an Kreisliedertagen erhielt die „Harmonie“ gute bis sehr gute Kritiken. Viele Urkunden und Pokale im Sängerheim zeugen von den erfolgreichen Aktivitäten des Männerchores. Ebenso konnte auch der Frauenchor unter der Leitung ihres Dirigenten, Musikdirektor Hermann Jehl, gute und sehr gute Platzierungen erreichen.

Der Männerchor im Jahr 1985

Im Mai 1985 wurde mit einer dreitägigen Feier das 140-jährige Vereinsjubiläum begangen. Unter Beteiligung von 16 Vereinen fand samstags im Festzelt ein Freundschaftssingen statt. Am nächsten Tag stand ein vergnügter Kindernachmittag im Festzelt auf dem Programm, an dem sich ein Bunter Abend mit den örtlichen Vereinen anschloss. 35 Vereine aus nah und fern mit etwa 1700 Sängerinnen und Sängern hatten sich zum Freundschaftssingen und zum großen Chorwettbewerb angesagt. 35 Pokale, über 2000 Flaschen Festwein – von Westhofener Winzern gestiftet – und zwei Schlachtschweine für die Tagesbesten, war der Lohn der Aktiven für eine intensive Vorbereitung auf diesen Tag. Mit der Preisverteilung ging ein tolles Jubiläumsfest zu Ende.

Der Frauenchor im Jahr 1990

Anlässlich der Generalversammlung im Januar 1986 wurde die Gründung eines Kinderchores beschlossen. 32 Kinder nahmen unter der Leitung von Jürgen Wössner die Chorproben auf. Nach Auftritten beim Herbstkonzert desselben und des kommenden Jahres ließ aber das Interesse der Kinder zu Gunsten anderer Hobbys merklich nach. Hinzu kam, dass auch der Chorleiter aus beruflichen Gründen nicht mehr zur Verfügung stand, so dass die Proben letztendlich eingestellt werden mussten. Auch ein Neustart im Frühjahr 1989 schlug fehl.

Eine besondere Freundschaft wurde 1979 mit dem Männerchor aus Nikolausdorf geschlossen. Nachdem dieser Chor mit 35 Sängern aus Anlass des Herbstkonzertes der Harmonie in Westhofen weilte, und den Chor mit musikalischen Beiträgen unterstützte, lud man uns für das kommende Jahr zu einem Gegenbesuch nach Nikolausdorf ein. Bis in die Gegenwart besuchen sich die beiden Chöre in regelmäßigen Abständen. Auch so manche private Freundschaft hat sich hieraus entwickelt.

Nach 7 Jahren erfolgreichen Wirkens musste Jürgen Wössner aus beruflichen Gründen seine Chorleitertätigkeit aufgeben. Ein Nachfolger musste her. Mit Eckhard Schwöbel verpflichtete die „Harmonie“ einen jungen, dynamischen, gewissenhaften und ehrgeizigen Nachfolger.

Im Mai 1991 feierte der Frauenchor sein 10-jähriges Bestehen. Der Frauenchor, der einst mit 22 Sängerinnen angefangen hatte, war zwischenzeitlich auf stolze 43 Sängerinnen angewachsen. Die Gründung des Frauenchores stellte eine Bereicherung für das Vereinsleben dar.

Im Mai 1994 teilte die Winzergenossenschaft dem Vorstand der Harmonie mit, dass man die alte Winzergenossenschaft – das seitherige Sängerheim der Harmonie – verkauft habe. Nun galt es schnell zu handeln und ein neues Sängerheim zu finden. Diesmal war die Winzergenossenschaft behilflich und bot dem Verein ihr altes Verwaltungsgebäude Am Bogen 18 als Ersatz an. Das seit Jahren leerstehende Gebäude musste von Grund auf renoviert und umgebaut werden. In über 2000 von den Sängern freiwillig geleisteten Arbeitsstunden mussten Wände entfernt, neue Fenster gesetzt und die alten Fußböden und vieles andere mehr erneuert werden. Im August 1994 wurde das neue Sängerheim eingeweiht.

Im Jahre 1995 feierte der Gesangverein sein 150jähriges Bestehen. Ein glanzvolles Fest. Chöre aus nah und fern mit etwa 2500 Sängerinnen und Sängern hatten sich für Samstag zum Bunten Abend der Ortsvereine und für Sonntag zum großem Chorwettbewerb angesagt. Dabei eiferten 37 Chöre am Vormittag um wertvolle Pokale und 43 Chöre am Nachmittag um 5200 Flachen Festwein. Außerdem gab es in jeder Klasse einen Dirigentenpreis und für die Tagesbestleistung beim Pokalsingen und beim Weinpreissingen je ein Schlachtschwein! Mit der Verteilung der Preise ging ein tolles Jubiläumsfest zu Ende.

Der Männerchor im Jahr 1995

Ein weiterer Vereinshöhepunkt war die Musicalgala zur Jahrtausendwende im Weingut Wittmann. In dem schön gelegenen Innenhof des Weingutes boten der Männergesangverein der Frauenchor und mit eigens dafür engagierten Solisten, den über 600 Besuchern, eine Vielfalt von Liedern aus Phantom der Oper, My fair Lady und Annie get your gun, dar. Nach 25jährigen Bestehen musste leider der Frauenchor wegen Nachwuchsmangels seine Tätigkeit einstellen. Zurzeit hat der Männerchor 22 aktive Sänger.

Der Chor sing@harmony im Jahr 2020

Hier können sie eine überarbeitete Fassung der Vereinschronik zum 150 – jährigen Jubiläum der Harmonie nachlesen

Des weiteren haben wir in der Rubrik Beiträge, Berichte aus der Presse in den Jahren 1985 und 1995 für sie bereitgestellt.